Auswendig lernen: Mit fünf Tipps endlich zum Erfolg!

Nina Weidlich - 22.03.2017

Auswendig lernen

Ciao, Bulimie-Lernen! Fünf Tipps für ein besseres Gedächtnis | Foto: Jazmin Quaynor/Unsplash

Häufiges Durchlesen reicht? Leider nein, leider gar nicht.

Dr. Martin Krengel weiß, warum viele Schüler /-innen und Studis Probleme beim Auswendig lernen haben: "Oft lesen sie ihre Notizen einfach stumpf vor sich her und versuchen, sich die Infos mechanisch in den Kopf zu hämmern. In vielen Fällen will das Wissen da aber einfach nicht rein."

Die Informationen sind laut Krengel meist zu lang, zu sperrig, zu ungewohnt: "Wir kommen mit reinen Wiederholungen nicht weiter, weil das Wichtigste nicht verstanden wird. Es reicht nicht, die Notizen immer und immer wieder vor sich her zu sprechen – wir müssen die Informationen in unsere Welt übertragen."

Der Experte spricht deshalb bewusst nicht gerne von auswendig lernen, sondern vom Codieren. Aber wie geht das?

Tipp Nummer 1: Informationen codieren

Erst einmal alles abschreiben: So beginnen wir meistens mit dem Auswendig lernen und klopfen uns am Ende des Tages auf die Schulter, wie produktiv wir doch heute waren. Das ist auch gar nicht so verkehrt – wer aber wirklich erfolgreich lernen will, muss bereits im ersten Arbeitsschritt mehr tun, als die Informationen noch einmal am PC zusammenzufassen.

Das Zauberwort lautet: Codieren. Dabei solltest du den Prozess in mehrere Arbeitsschritte aufteilen. Martin Krengel erklärt beispielhaft, wie der Ablauf beim Auswendig lernen von Vokabeln aussehen könnte:

Reduzieren

"Wenn du ein Vokabelheft bearbeitest, bewaffne dich mit einem dicken Filzstift und streiche erst einmal alle Vokabeln weg, die du schon kannst. Das senkt rein optisch die Belastung, denn du siehst: Du hast gar nicht mehr so viel Stoff, den du lernen musst – das ist doch schon mal ganz cool."

  • Extra-Tipp: Musst du längere Definitionen auswendig lernen, streiche erst einmal alle Nebensätze weg und sieh dir an, was dann noch übrig bleibt. Im Idealfall kannst du den Inhalt ganz simpel in einem Satz wiedergeben. Erst dann kannst du sicher sein, dass du die Definition verstanden hast und auch behalten kannst.

Strukturieren

"Irgendwann wird das Ganze natürlich ein bisschen unübersichtlich, deshalb musst du die Liste noch einmal neu strukturieren: Sortiere die Vokabeln in einer Übersicht – zum Beispiel in Verben, Substantive und Adjektive. Außerdem macht es Sinn, in einer weiteren Kategorie direkt Sätze mit den Vokabeln zu bilden."

Visualisieren

"Dann geht´s an Visualisieren. Benutze verschiedene Stifte und Farben, schreibe einige Worte größer, male ein kleines Bild dazu, das zum Wort passt."  Dazu musst du kein Künstler sein – auch einfache Illustrationen eignen sich, um das Gedächtnis anzuregen.

Codieren - kurz und knapp:

  1. Reduktion auf das Wesentliche  
    Bekanntes nicht einfach überspringen, sondern rigoros wegstreichen.
  2. Differenzierung und Neustrukturierung  
    Was schreibe ich wohin?  Welche Kategorien nutze ich?
  3. Visualisieren  
    Unterschiedliche Stifte, Farben und kleine Illustrationen.

Laut Krengel hat dieses Vorgehen einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem einfachen Abschreiben: "Der Ablauf erscheint harmlos, aber tatsächlich laufen hier im Gehirn bereits mehrere Prozesse gleichzeitig ab. Dadurch wiederhole ich die Infos nicht nur, sondern wende sie direkt aktiv an und behalte sie besser."

Tipp Nummer 2: Gehirnkanäle blockieren

Beim Auswendig lernen neigen wir dazu, uns in unser Zimmer oder in die mucksmäuschenstille Bibliothek zu verkriechen. Außerdem muss alles vom Schreibtisch, was uns tendenziell ablenken könnte. Aber nicht jede Art der Ablenkung ist schlecht – der Lernexperte weiß: "Je aktiver und vielseitiger wir unser Gehirn anregen, desto motivierter und konzentrierter bleibt es am Ball." Dr. Krengel verrät, welche Ablenkungen dem Gehirn am besten auf die Sprünge helfen:

Kritzeln

"Wir kennen das alle aus der Schule, wenn wir im Unterricht irgendetwas auf unseren Block gescribbelt haben und der Lehrer meinte: ‚Ey, das darfst du nicht!‘ Aber genau dieses Kritzeln blockiert andere Gehirnkanäle, die sonst abschweifen würden – Die Ablenkung hilft uns also in diesem Fall sogar dabei, uns besser zu konzentrieren."

Musik hören

"Auch Hintergrundmusik kann beim Lernen helfen. Am besten eignet sich dafür ausländische Musik: Arabisch, Spanisch, Portugiesisch – hauptsache, du verstehst den Text nicht und hörst nicht automatisch zu.

Natürlich ist das individuell verschieden und hängt auch vom persönlichen Geschmack ab. Wenn mir aber Leute schreiben, dass sie mit Hip-Hop und Rock am besten lernen können, dann sage ich: Ihr fühlt euch damit vielleicht am besten, aber ob ihr damit die besten Lernresultate erzielt, das müsst ihr erst einmal beweisen".

Tipp Nummer 3: Mentale Brücken bauen

Unsere Traumvorstellung: Wir hören kurz vor der Klausur einfach nochmal die Musik, die wir beim Auswendig lernen gehört haben – und schon ist die Erinnerung wieder da. Klappt aber leider nicht, meint Martin Krengel: "Du kannst die Musik nicht als Anker nutzen, um das Gelernte wieder abzurufen. Das funktioniert vielleicht in drei bis fünf Prozent der Fälle, aber auch da dient der Effekt eher dazu, die Prüfungsangst zu reduzieren."

Allerdings kennt der Lerncoach einige andere Ankereffekte, die uns die Erinnerung an auswendig Gelerntes erleichtern:

Ortswechsel

"Die Lernumgebung hat einen starken Einfluss auf unser Gehirn. Umgebungsreize stellen Lerninformationen dar, das bedeutet: Unsere Erinnerung ist an einen Ort gebunden. Wir haben das alle schon erlebt – zum Beispiel, wenn wir aus unserem Zimmer in die Küche gehen, um dort einen Flaschenöffner zu holen. Wenn wir schon mal da sind, waschen wir ab, essen etwas und quatschen mit dem Mitbewohner. Kommen wir dann zurück in unser Zimmer, fällt uns plötzlich wieder ein: Ich wollte doch einen Flaschenöffner holen.

Richtig sicher ist unser Wissen also erst dann, wenn wir es auch in ungewohnten Räumen abrufen können. In einem neutralen Raum, in dem du für gewöhnlich nicht lernst und in dem dir deshalb diese Lerninformationen fehlen, kannst du sehr gut testen, wie fest dein Wissen tatsächlich ist."

  • Extra-Tipp: Anker-Effekte nutzen und eine Probeklausur in der Umgebung schreiben, in der auch die Prüfung stattfinden wird.

Quatschen

"Das Abfragen oder Durchsprechen mit einem Kumpel oder in einer Lerngruppe ist sehr wichtig. Nicht nur, um zu testen, ob das Wissen da ist, sondern auch zum Überprüfen, ob du es ausdrücken kannst. Wir lernen die Informationen in kleinen Häppchen. In einer Klausur musst du das Ganze aber anwenden und in einen Kontext bringen.

Deshalb ist es ganz wichtig, von der Prüfung aus zu denken: Wie brauche ich das Wissen und wie bereite ich es dafür am besten auf? Wenn du ein Referat halten musst, sprich es möglichst oft durch, wenn du eine Klausur schreibst, mach Probeklausuren und wenn du eine Diskussion führen sollst, diskutiere ich schon im Vorfeld mit anderen über dein Thema. Das Wissen ist das eine, aber das Abrufen, das Wiedergeben ist eine ganz andere Geschichte."

Tipp Nummer 4: Pausen für Organisatorisches nutzen

Kurz vor der Klausur legst du eine Nachtschicht ein, um dir noch schnell die wichtigsten Infos in den Kopf zu hämmern? Dabei gehen oft wichtige Lernfortschritte verloren, denn gerade Pausen helfen uns dabei, Gelerntes ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Aber was solltest du in den Erholungsphasen am besten machen?

Dr. Krengel rät: "Wir erinnern uns am besten an das, was wir am Anfang und am Ende einer Lerneinheit aufnehmen – deshalb sind regelmäßige Pausen so wichtig und sollten alle 25 bis 45 Minuten eingelegt werden. Wichtig ist, in den Ruhephasen Überlagerungseffekte zu vermeiden: WhatsApp und die bunte Bilderwelt von Instagram sind also tabu.

Pausen eignen sich aber, um allen möglichen organisatorischen Kram zu erledigen, der ansonsten während des Lernens viel zu kurz kommt: Müll rausbringen, den Abwasch machen, einkaufen. Vor allem Tätigkeiten, bei denen wir beide Hände benutzen, helfen dabei, das Gelernte zu verarbeiten und zu speichern."

Tipp Nummer 5: Die Survival-Zusammenfassung

Für den Last-Minute-Crashkurs empfiehlt der Experte, eine Survival-Zusammenfassung zu erstellen, die du dir kurz vor der Prüfung noch einmal ansehen solltest. So wandern die zentralen Infos ins Kurzzeitgedächtnis und können in der Klausur besser abgerufen werden.

Laut dem Lerncoach sollte diese Übersicht so kompakt wie möglich sein: "Die Zusammenfassung sollte die wichtigsten Fakten auf einer DIN A4-Seite enthalten. Dazu eignet sich eine Dreiteilung in Bilder, Schemata und Fakten. Hier können dann auch stichwortartig noch einige wichtige Details aufgelistet sein, mit denen du ein bisschen bullshitten und in der Klausur glänzen kannst."

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