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Aufs Maximum reduziert: Die Kunst minimalistischer Webdesigns

UNICUM-Team

Minimalistisches Websitedesign

unsplash.com © Domenico Loia

Es mag Situationen und Anwendungen geben, in denen das Motto „viel hilft viel“ bestens funktioniert. Beim Webdesign ist diese Herangehensweise jedoch vielfach überaus fragwürdig. Hier kannst du konträr dazu mit einem insgesamt reduzierten Stil etwas erschaffen, das so angenehm leicht, übersichtlich und aufgeräumt wirkt wie dein Kleiderschrank nach einer kräftigen Ausräum-Session.

Minimalismus im Browser: Die Antithese zum überfrachteten Standard

Wir leben in einer Zeit, in der auch das Digitale längst streckenweise in die völlige Reizüberflutung abgedriftet ist. Websites, auf denen an jeder Stelle zahlreiche Informationen regelrecht lauern, wo die Farbkombinationen fast schon psychedelische Züge annehmen – und man gefühlt irgendwie alles suchen muss, weil so viele Texte, Icons, Grafiken und andere sich zu einem unübersichtlichen Brei vermischen. 

Kurzum: Ein solches Webdesign kann für Gehirn und ästhetisches Empfinden in etwa so anstrengend sein wie der Doppel-Chili-Cheese-Burger mit Bacon und Pommes für Magen und Darm.

Das Web war noch nicht alt, als sich solche Auswüchse zeigten. Das siehst du beispielsweise am Look des längst untergegangenen Freehosters GeoCities aus dem Jahr 1998 – und das galt damals noch als relativ aufgeräumtes Design. 

Schon frühzeitig waren sich einige Designer sicher, dass das auch besser ginge. Aufgeräumt, entschlackt, radikal reduziert, aber dennoch so unnachahmlich charmant wie der nicht minder minimalistische Beat des damaligen Welthits Still D.R.E. von Dr. Dre und Snoop Dogg. Bis heute hat sich an den Grundsätzen von Minimal Webdesign nichts geändert:

  1. Übersichtlichkeit: Auf der Website befindet sich ausschließlich das, was dort unbedingt vorhanden sein muss. Absolut jeder einzelne Baustein wird hinterfragt und gegebenenfalls ersatzlos gestrichen, damit User sich sofort zurechtfinden.
  2. Funktionalismus: Bei einer minimalistischen Website entsteht ein Großteil der Ästhetik durch die Bevorzugung von Funktion gegenüber der Form. Sie ist deshalb nicht „hässlich“, sie bezieht ihre Schönheit nur aus der Schlankheit des Designs anstelle anderer (funktionsloser) Eye Catcher.
  3. Farbliche Nüchternheit: Minimalistisches Webdesign nutzt nicht nur generell sehr wenige Farben, sondern greift mehrheitlich ausschließlich auf die Palette der neutralen Noten sowie einen Akzentton zurück. 
  4. Einheitlichkeit: Der minimalistische Grundgedanke wird über alle Unterseiten und Elemente aufrechterhalten. Das sorgt für innere Kohärenz und unterstützt die Klarheit.
  5. Schriftliche Einfachheit: Es mag für minimalistisches Webdesign viele mögliche Fonts geben – aber absolut keiner davon hat Serifen. Zudem steht einmal mehr nur das dort, was unbedingt vorhanden sein muss. So präzise und knapp wie möglich formuliert.
  6. Grafische Zurückhaltung: Eine minimale Site hält sich nicht mit vielen Motiven auf, wenn diese nicht als Kerninhalt dort sein müssen. Stattdessen erhebt sie nur einige wenige davon zu Prominenz.

Dabei sei nochmal betont: Eine minimalistische Website muss keinesfalls monochrom sein, ausschließlich Fonts der Marke „Ultra thin“ nutzen und generell reduzieren um des Reduzierens Willen. Es geht hier vor allem um ein bewusstes Gestalten, wodurch User Experience und Usability in den Vordergrund rücken. Apropos:

Bauhaus-Style in digital: Das bringt der Minimal-Ansatz

Du fragst dich, wozu du vielleicht einen solchen Aufwand betreiben solltest? Vordergründig für deine User – darüber aber wiederum für dich selbst. Minimalistisches Webdesign hat ausschließlich Vorteile:

  • Datensparsamkeit und Speed: Eine solche Site ist längst aufgebaut, während die anderen noch laden. Und sie lässt sich mit geringstem Datenvolumen aufrufen.
  • Beschleunigte Navigation: Egal wie neu der Besucher ist, er sieht sofort, um was es geht, und findet alles auf einen Blick.
  • Nutzererfahrung: Mangels störender Elemente und Sucherei lässt sich eine minimalistische Site erheblich angenehmer erleben.
  • Lerneffekte: „Irgendeine“ Website designen kann mittlerweile jeder. Eine minimalistische Site zu gestalten ist jedoch eine Kunst – die dich auch für zahllose andere Lebensbereiche schult.
  • Einzigartigkeit: Selbst die ganz Großen des Webs schaffen es vielfach nicht, von ihren überfrachteten Seiten zu lassen – trotz ganzer Heere von Webdesignern und obwohl Minimaldesign eigentlich keine Seltenheit mehr ist, sondern jeder zumindest ein bisschen versucht, reduziert vorzugehen. Allein schon, weil minimal gleichbedeutend mit zeitlos ist. 
  • Inhaltsfokussierung: Indem alles andere optisch gesehen zurücktritt, tritt das, was du auf deiner Plattform wirklich zeigen und sagen willst, automatisch hervor.

Zugegeben, minimalistisches Design ist immer ein Balanceakt. Denn auf der anderen Seite des schmalen Grats geht es steil in den Abgrund übergroßer Leere und Langeweile. Es ist tatsächlich eine Kunstform, ähnlich wie längst nicht jeder minimalistisch malen oder Musik komponieren kann. 

Das mag vielleicht ein Grund sein, warum manche Beobachter aktuellem Webdesign eine Rückkehr des gezielten Maximalismus‘ attestieren. Definitiv solltest du dich jedoch vor diesem Trend hüten. Minimalismus ist nach Ansicht der meisten Nutzer (immerhin die absolute Mehrheit der Erdbevölkerung) deutlich sexier. 

Keine Angst vor Leerraum: So setzt du Minimalismus um

Um deine Reise ins Minimalistische zu starten, möchtest du dir vielleicht vorher einige Beispiele ansehen. Das vielleicht beste nutzt du sowieso jeden Tag: Googles Startseite gilt als Musterbeispiel für Minimalismus der feinsten Sorte – wohingegen die Wikipedia immer wieder als Gegenteil angeführt wird. Weitere bekannte Minimal-Kunstwerke:

Wenn du dir auf solchen Sites erste Inspiration geholt hast, geht es schematisch folgendermaßen weiter:

  1. Falls du es nicht gänzlich manuell beherrschst, dann suche dir einen Anbieter von Baukasten-Systemen, mit denen du auch eine minimalistische Website erstellen kannst. Also viele Features und Wahlfreiheit beim Designen. 
  2. Definiere eine Essenz dessen, was du kommunizieren möchtest – und was deshalb zwingend vorhanden sein muss.
  3. Gestalte auf jeder Unterseite eine klare optische Hierarchie. 
  4. Finde nutzbare Fonts ohne Serifen. Achte darauf, dass sie sich zur Hervorhebung fetten bzw. kursiv stellen lassen und lasse eher mehr als weniger Abstand zwischen den Buchstaben.
  5. Fang mit einem monochromen Farbschema an und justiere dann anhand der Neutraltonpalette, bis du etwas Passendes hast. Wenn du eine Hervorhebungsfarbe brauchst, versuche alles, damit eine, allerhöchstens zwei genügen.
  6. Behandle jedes Wort, jedes grafische Element, jeden Button usw. so, als würde er dich richtig viel Geld kosten. 
  7. Fürchte dich nicht vor Leer- bzw. Weißraum. Zeige vielmehr Mut zur Lücke. Beachte jedoch, dass der Look auf mobilen und stationären Plattformen gleichermaßen gut wirkt.

Aktuell solltest du darüber hinaus überlegen, die Site primär im Dark Mode zu gestalten. Das ist für Augen weniger anstrengend, spart bei OLED-Displays viel Strom und ist nicht zuletzt aufgrund des eleganten Looks derzeit ziemlich gefragt

Und: Fürchte dich nie davor, deine Site könne zu leer sein. Lass immer wieder andere mit neutralem Auge drüber schauen und nimm dir das, was sie dir sagen, zu Herzen – zumindest dann, wenn es von mehreren erwähnt wird.