Zwangsexmatrikulation: Nichts geht mehr

Anna Lenja Hartfiel

Zwangsexmatrikulation

Exmatrikulationsbescheinigung in der Post gehabt? Keine Panik! | Foto: Thinkstock/Max Kegfire

Zwangsexmatrikulation: viele Gründe

Nichts geht mehr. Linda studiert im vierten Semester BWL, als sie den letzten Prüfungsversuch in Statistik nicht besteht. Das Resultat: Verlust des Prüfungsanspruchs. Zwangsexmatrikulation, oder Exmatrikulation von Amts wegen, wie es offiziell heißt. Linda ist nur ein Beispiel für Tausende von Studierenden an Unis in ganz Deutschland. Laut einer Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) geben elf Prozent aller Studienabbrecher nicht bestandene Prüfungen als Grund für ihre Exmatrikulation an. Rund 19 Prozent können sich das Studium aufgrund finanzieller Probleme nicht mehr leisten. Auch Plagiate in universitären Arbeiten, in Form von akademischem Ghostwriting, können zur Zwangsexmatrikulation führen.

In letzter Konsequenz erhalten die betroffenen Studierenden eine Exmatrikulationsbescheinigung. Die Exmatrikulation wird dann zum Ende des Semesters wirksam. Doch was genau bedeutet das? Was sind die Folgen davon? Und kann man etwas dagegen tun? Wir verrraten es dir.

Was ist eine Zwangsexmatrikulation?

Unter Zwangsexmatrikulation versteht man die unfreiwillige Beendigung des Studierendenstatus durch die Hochschule. Sie erfolgt nicht auf Antrag des Studierenden, sondern wird von der Universität oder Fachhochschule von Amts wegen ausgesprochen, wenn bestimmte gesetzliche oder hochschulinterne Voraussetzungen erfüllt sind.

Was sind Gründe für eine Zwangsexmatrikulation?

Gründe für eine Zwangsexmatrukulation gibt es verschiedene. Dazu gehören:

  • Nichtbestehen einer endgültigen Prüfung (z. B. dritte Wiederholung nicht bestanden)
  • Überschreiten der maximalen Studiendauer (Regelstudienzeit + Toleranzsemester)
  • Nichtzahlung der Semesterbeiträge
  • Fehlende Rückmeldung zum neuen Semester
  • Verstoß gegen Prüfungsordnungen oder Studienvorschriften

In selteneren Fällen können auch dsziplinarische Gründe wie eine schwere Täuschung oder Betrug zur zwanghaften Beendigung des Studiums führen. 

Zwangsexmatrikulation – und nun?

Tritt einer dieser genannten Gründe ein und es kommt zur Zwangsexmatrikulation, stellt sich natürlich die Frage: Was nun? Das kommt darauf an:

  • Ist das Nichtzahlen des Semesterbeitrags Grund für die Exmatrikulation, nehmen die meisten Hochschulen die Exmatrikulation gegen Zahlung des Semesterbeitrags und eine Bearbeitungsgebühr wieder zurück.
  • Wenn der Verlust des Prüfungsanspruchs Ursache der Exmatrikulation ist, gestaltet sich das Ganze um einiges komplizierter. Die Betroffenen sind meist verunsichert und stehen vor einer vermeintlichen Perspektivlosigkeit. "Daher ist es zunächst wichtig, dass sich die Studierenden beraten lassen. Sowohl bei der zentralen Studienberatung als auch in den Studienberatungen der jeweiligen Fachbereiche", erklärt Dr. Patrick Honecker, Pressesprecher der Uni Köln.

In Beratungsgesprächen lässt sich klären, ob die eingeschlagene Fachrichtung nicht die richtige war, oder ob ein Studium vielleicht der falsche Weg ist. Entscheidet man sich komplett gegen ein Studium, können Beratungsangebote der Bundesagentur für Arbeit für Studienabbrecher hilfreich sein. Entscheidet man sich für eine Ausbildung in der angestammten Fachrichtung, kann diese mitunter abgekürzt werden.

Welche Folgen hat die Zwangsexmatrikulation?

Die Folgen einer Zwangsexmatrikualtion können gravierend sein:

  • Verlust des Studierendenstatus (z. B. kein BAföG, kein Semesterticket)
  • Verlust der Prüfungsberechtigung
  • In bestimmten Fällen: Ausschluss vom gleichen Studiengang an anderen Hochschulen in Deutschland

Im schlimmsten Fall bedeutet sie also: Du kannst dein Studium nicht beenden und nicht fortsetzen. Dein bisheriges Studium war somit umsonst und du musst dich neu orientieren, dein Leben vielleicht sogar komplett neu organisieren. Das kann eventuell zu enormen psychischen Belastungen führen.

Während dieser Zeit solltest du also auf jeden Fall darauf achten, dass du den Stress nicht Überhand haben lässt. Nimm dir regelmäßig Zeit für dich selbst und achte auf dein eigenes Wohlbefinden. Auch Apps können dir hier bei der Stressbewältigung helfen.

Kann ich gegen die Exmatrikulation klagen?

Wer an seiner Uni bleiben möchte, kann sich dort für einen anderen Studiengang bewerben. Ein Studium in der alten Fachrichtung ist so einfach jedoch nicht mehr möglich, da man nach dem Verlust des Prüfungsanspruchs laut Hochschulrektorenkonferenz bundesweit für den jeweiligen Studiengang gesperrt ist. Betroffenen bleibt dann noch die Möglichkeit, auf eine Universität im Ausland auszuweichen.

Auch der Blick in die Prüfungsordnungen anderer deutscher Universitäten kann sich lohnen. "Wenn für ein Fach in Berlin zwei Prüfungsversuche gelten, in Göttingen aber drei, könnte man sich da noch mal bewerben", erklärt Marian Lamprecht, Rechtsanwalt und Experte für Hochschulrecht. Doch auch wenn man an seiner Uni bleiben möchte, "gibt es viele Fälle, in denen man sich wehren kann. Entweder gegen die Prüfung an sich, oder gegen die Exmatrikulation", erklärt Lamprecht.

Dabei kommt es vor allem auch darauf an, welche Gründe zum Nichtbestehen der Prüfung geführt haben. Waren persönliche Probleme im Spiel, beispielsweise eine Trennung oder ein Trauerfall in der Familie, so liegen Lamprecht zufolge die Chancen, erfolgreich gegen eine Exmatrikulation vorzugehen, bei 70 Prozent.

Wenn die Uni zu einer außergerichtlichen Einigung bereit ist, kann dies schon innerhalb von zwei Wochen erfolgen – kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, kann es bis zu einem Jahr dauern. Während dieses Zeitraums ist die Exmatrikulation noch nicht wirksam und es kann, von dem strittigen Prüfungsmodul abgesehen, ganz normal weiterstudiert werden. "Es gibt jedoch auch einige Fälle, wo man am Ende nichts mehr machen kann", weiß Lamprecht. In diesem Fall ist endgültig Schluss mit dem gewünschten Studium.

Der Studienabbruch im Lebenslauf

Auch wenn danach ein anderes Studienfach oder eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wird – der Studienabbruch auf dem Lebenslauf bleibt. "Betroffene müssen sich zunächst von dem Gedanken des 'Flecks auf der Weste' lösen", rät der Bewerbungscoach Jürgen Hesse von Hesse/Schrader.

Vielmehr sollte man "selbstbewusst und selbstreflektiert" an Bewerbungen herangehen und den Fokus im Lebenslauf vielmehr auf das Studium und nicht auf den Abbruch legen. Denn auch wenn kein Abschluss erreicht wurde, hat man während der studierten Semester trotzdem Wissen und Fähigkeiten erworben. Wer seine Situation genauer erläutern will, dem empfiehlt der Experte die sogenannte "Dritte Seite" der Bewerbung. In diesem zusätzlichen Motivationsschreiben kann man Gründe für den Studienabbruch erklären und dem potenziellen Arbeitgeber zeigen, warum man auch ohne Abschluss interessant ist. Am wichtigsten ist, "nicht den Eindruck eines Losers zu machen", meint Hesse. Dafür gebe es keinen Grund: Ihm sind einige Studienabbrecher bekannt, die heute beruflich sehr erfolgreich sind – ganz ohne Studienabschluss oder Diplom. "Häufig sieht man erst Jahre später, wofür dieser Einschnitt gut war."

Zwangsexmatrikulation: Diese Tipps können helfen

Eine Zwangsexmatrikulation ist auf jeden Fall ein einschneidendes Erlebnis, das dich auch emotional sehr aufwühlen kann. Panik hift aber nicht weiter. Denn mit einer Zwangsexmatrikulation ist nicht automatisch alles sofort vorbei. Erstmal solltest du deine Optionen prüfen. Dabei können die folgenden Tipps helfen.

Ruhe bewahren und den Exmatrikulationsbescheid genau prüfen

Lies den Bescheid sorgfältig durch:

  • Was ist der genaue Grund für die Zwangsexmatrikulation?
  • Welche Fristen sind genannt (z. B. Widerspruchsfrist)?
  • Wurde der Bescheid per Post oder über das Hochschulportal zugestellt?

💡 Tipp: Mach dir eine Kopie und markiere wichtige Stellen.

Fristen einhalten: Widerspruch einlegen (wenn möglich)

In vielen Fällen kannst du Widerspruch gegen die Zwangsexmatrikulation einlegen – meist innerhalb von einem Monat.
Dazu musst du einen formlosen, schriftlichen Widerspruch einreichen. Begründe ihn sachlich und belege ggf. deine Argumente.

📎 Beispielhafte Gründe:

  • Nachweis, dass Prüfungsfrist eingehalten wurde
  • Antrag auf Nachteilsausgleich wurde nicht berücksichtigt
  • Semesterbeitrag wurde doch rechtzeitig gezahlt

Beratung in Anspruch nehmen

Hol dir unbedingt professionelle Unterstützung:

  • Studienberatung oder Akademisches Prüfungsamt
  • AStA/Studierendenvertretung (oft mit rechtlicher Beratung)
  • Sozialberatung (für BAföG, Versicherung etc.)
  • Bei komplexen Fällen: Rechtsanwalt für Hochschulrecht

Diese Stellen helfen dir, deine Rechte zu kennen und das richtige Vorgehen zu wählen.

Alternativen prüfen – Neustart, Fachwechsel oder Hochschule wechseln

Je nach Grund der Exmatrikulation solltest du deine Optionen klären:

  • Neubeginn in einem anderen Studiengang oder an einer anderen Hochschule
  • Anrechnung bereits erbrachter Leistungen
  • Antrag auf Wiederzulassung, falls Fehler im Verfahren passiert sind

💡 Tipp: Auch ein Wechsel in ein verwandtes Fach kann möglich sein, z. B. von Lehramt zu Fach-Bachelor.

Finanzierung, Versicherung & BAföG im Blick behalten

Eine Exmatrikulation hat direkte Folgen auf:

  • Krankenversicherung (Studententarif fällt ggf. weg)
  • Kindergeld
  • BAföG-Anspruch
  • Wohngeld oder Wohnheimplatz

💡 Tipp: Kümmere dich frühzeitig um Übergangslösungen, z. B. freiwillige Versicherung oder neue Studienbescheinigung bei Fachwechsel.

FAQ: Häufige Fragen

Was passiert nach einer leistungsbedingten Zwangsexmatrikulation?

Bei einer leistungbedingten Zwangsexmatrikulation bist du nur für deinen bisherigen Studiengang gesperrt.

Wie lange dauert eine Zwangsexmatrikulation?

In der Regel ist die Exmatrikulation zum Ende des aktuellen Semesters gültig.

Kann eine Exmatrikulation Rückgängig gemacht werden?

Nur weil du ein Exmatrikulationsschreiben bekommen hast, heißt das nicht das du nichts dagegen tun kannst. Wenn zum Beispiel ein Fehler vorliegt, dann kannst du die Exmatrikulation noch abwenden.

Die Zwangsexmatrikulation im Überblick

  • Es gibt verschiedene Gründe, die zu einer Zwangsexmatrikulation führen können.
  • Das Studienverhältnis wird immer von Seiten der Hochschule beendet, weil du bestimmte Voruassetzungen nicht erfüllst.
  • Eine Zwangsexmatrikulation ist für Studierende belastend, aber nicht immer sofort das Ende.
  • Wichtig ist, schnell zu handeln, sich rechtzeitig beraten zu lassen und alle Fristen einzuhalten.
  • In vielen Fällen gibt es noch Wege zurück ins Studium oder in einen alternativen Bildungsweg.

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